Die Wiege der Demokratie ist auch die Wiege der Rhetorik. Denn Demokratie und Rhetorik hängen eng zusammen. Das eine ist ohne das andere schwer vorstellbar. Deshalb ist Meinungsfreiheit ein sehr hohes Gut. Jede:r darf seine/ihre Meinung frei äußern.
Und dennoch gilt: Nicht jede Meinung ist gleich viel wert. Simples Beispiel:
Person A ist anderer Meinung als du. Hat aber sinnvolle Argumente, kennt die Argumente, die für deine Position sprechen und äußert sich sachlich.
Person B ist exakt deiner Meinung. Aber weil Person B eine Münze geworfen hat. Es kam Kopf und nun ist sie eben dieser Meinung.
Welche Ansicht würdest du eher respektieren? Eine Meinung wird erst dadurch wertvoll, dass sie begründet werden kann. Nimm dir gerne einen Moment Zeit und überlege dir für folgende Aussagen, denen du mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zustimmst, jeweils drei Argumente.
- „Ich bin gegen die Todesstrafe, weil…“
- „Bildung ist wichtig, weil…“
- „Ich bin für Tierschutz, weil…“
Ohne Argumente sind all diese Aussagen nur Befindlichkeiten. Erst durch Argumente, Zahlen, Daten, Fakten erhalten diese Positionen Gewicht. So kann ich einschätzen, ob du dir wirklich Gedanken zum Thema gemacht hast und alle relevanten Fakten kennst. Oder zumindest die gängigsten. Gerade in Zeiten von Fake News ist es wichtig zu wissen, wie genau du zu einer Überzeugung gelangt bist. Welche Informationen die Basis für deine Entscheidung waren.
Und auch der Umgang mit neuen, mir bisher unbekannten Informationen ist entscheidend. Bin ich überhaupt bereit, meine Überzeugung zu revidieren? Oder werde ich dann alles, was nicht in mein Weltbild passt, zurückweisen?
Eine andere beliebte Strategie ist es, bei Gegenargumenten plötzlich generös auf die Gleichwertigkeit jeder Meinung hinzuweisen. „Du hast dienen Standpunkt und ich meinen.“ Aber das funktioniert nicht in jedem Bereich. Ist der zweite Teil von „Joker“ ein guter Film? Hier können wir unterschiedlicher Ansicht sein. Und das ist völlig okay so. Gleiches gilt für Koriander als Gewürz.
Aber abseits von Geschmacksurteilen sollten wir schon davon ausgehen, dass es ein Richtig und ein Falsch gibt. Und wir das im Diskurs herausfinden können. Wenn eine Person sagt 3×3 sei 9 und eine andere widerspricht, es sei 7, so werden wir sicher nicht sagen, es hat jede:r das Recht auf eine eigene Meinung. Ebenso wenig taugt diese Frage für einen Kompromiss bei 8.
Gut, in vielen Fällen ist die Wirklichkeit viel komplexer als das kleine Einmaleins. Und schwer zu sagen, was nun richtig ist. Umso wichtiger, die eigene Meinung auch immer wieder zu hinterfragen. In der Auseinandersetzung mit anderen schärfst du nicht nur deine Überzeugungskraft und Diskussionsskills. Sondern auch deine eigene Haltung.
Lasst uns also diskutieren! Lasst uns streiten! Mit begründeten Meinungen, die wir auch dann respektieren können, wenn wir (noch) nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen.
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