Vieles, was in Rhetoriktrainings gelehrt wird, basiert auf Erfahrungen aus dem Leben. Und auf Aristoteles. Aber gibt es da nicht noch mehr? Irgendwelche neuen Erkenntnisse in den letzten 2000 Jahren? Doch. Natürlich. Und genau diese möchte ich in diesem Beitrag sammeln.
Meine eigene Leistung ist hier also sehr gering. Eigentlich trage ich nur zusammen, was andere erarbeitet haben. Das Ziel? Eine möglichst solide wissenschaftliche Grundlage für moderne Rhetorikweiterbildung zu schaffen.
Dabei fasse ich die Studienergebnisse nur sehr knapp zusammen und verlinke dann auf die Studie oder einen Artikel darüber. Es liegt in der Natur der Sache, dass es Studien und Themenfelder geben wird, die wissenschaftlicher bearbeitet sind als andere. Nicht alles hier sind in Stein gemeißelte Fakten!
Menschliche Schreie können mindestens sechs verschiedene Emotionen übermitteln
Diese Studie zeigt, dass wir bei Schreien, also völlig frei von Inhalt, mindestens sechs verschiedene Emotionen transportieren können und wie akkurat (oder eben auch nicht) diese vom Gegenüber unterschieden werden können.
https://www.nationalgeographic.com/science/article/screams-may-convey-at-least-six-emotions
https://journals.plos.org/plosbiology/article?id=10.1371/journal.pbio.3000751
Botox kann eigene Emotionen beeinflussen
Eine Nebenwirkung von Botox: Sparsame Mimik. Falten werden geglättet, und zwar nicht nur die immer sichtbaren, sondern auch jene, die z.B. als sog. „Zornesfalten“ entstehen. Das beeinflusst sehr sicher unsere nonverbale Wirkung auf andere Menschen. Aber: Es beeinflusst auch das eigene emotionale Erleben. Deshalb wird Botox z.B. bei Depressionen eingesetzt.
Die spannende Schlussfolgerung: Offenbar ist es nicht nur so, dass wir unsere Gefühle über eine bestimmte Mimik ausdrücken. Sondern dass umgekehrt auch unsere Mimik Einfluss auf unsere Emotionen hat.
Auch ein falsches Lächeln macht uns glücklicher
In eine ähnliche Richtung wie die Botox-Studie geht die Erkenntnis einer Studie der „Many Smiles Collaboration“ unter Leitung von Dr. Nicholas Coles.
Hunde können menschliche Emotionen lesen
Des Menschen bester Freund kann laut einigen Studien tatsächlich zwischen erfreuter und verärgerter Mimik unterscheiden. Das zeigt, wie universell unser Mimikcode ist.
Das generische Maskulinum ist gar nicht so tief in unserer Sprache verwurzelt wie gerne behauptet wird
Das Thema Gendern ist emotional sehr aufgeladen. Eines der gängigsten Argumente von Gendergegner:innen (sorry dafür): Das generische Maskulinum würde nun mal im Deutschen gelten und da seien immer schon alle mit gemeint. Dass das gar nicht schon immer so war untersucht eine Analyse deutscher Texte durch die Jahrhunderte.
https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/915/1595
Die Mehrabian-Studie zu Körpersprache
So oft wurde sie zitiert. Oder gar als „Formel“ bezeichnet. Und ja, sie ist sehr eingängig. 55/38/7. 55% unserer Wirkung auf andere beruht auf der Körpersprache, also vor allem Gestik und Mimik. 38% auf der Stimme. Und nur 7% auf dem Inhalt. Diese krasse Verallgemeinerung ist schwierig bis falsch. Je nach Kontext, Beziehung und Thema mag diese Zahl stark variieren. So global wie es heute behauptet wird, war die Studie gar nicht angelegt. Deshalb sollte sie mit Bedacht zitiert werden. Und im Idealfall vorher auch mal gelesen werden… Ein interessanter Artikel aus dem Jahr 2011 sei hier als grobe Übersicht verlinkt.
Schlechte Kommunikation kostet im Schnitt 11,5 Arbeitstage/Jahr
Als Rhetoriktrainer & Teamcoach wusste ich schon lange, dass schlechte Kommunikation nicht nur schädlich für das Betriebsklima ist, sondern auch die Produktivität lähmt. Wie heftig der Effekt aber ist, hat eine Studie von Statista herausgefunden.
Mit dem Kopf zu nicken signalisiert Zustimmung – für andere, aber auch für uns selbst.
Zudem lässt es uns anscheinend auf andere sympathischer wirken, wenn wir ihnen von Zeit zu Zeit nonverbal zustimmen. Menschen wurden um 30% sympathischer und 40% aufgeschlossener eingeschätzt, wenn sie hin und wieder zustimmend nickten. Aber auch sich selbst kann man mit Kopfnicken überzeugen.
Frauen entschuldigen sich 75% öfter als Männer
Die häufigsten Gründe:
- aus Höflichkeit (77 %)
- um Konflikte zu vermeiden (65 %)
- aus gesellschaftlicher Erwartung (42 %)
- aus Angst vor Gewalt! (13 %)
https://www.woman.at/gesellschaft/frauen-entschuldigen
„Power-Pose“ macht selbstbewusster
Aufrechte Haltung. Schulterbreiter Stand. Die Hände in den Hüften und wortwörtlich erhobenes Haupt. Und siehe da: Wir fühlen uns wirklich selbstbewusster und sind risikobereiter. Auch wenn die Studie sich so wohl nicht replizieren ließ, doch ein interessanter Hinweis, dass das funktionieren könnte. (Artikel leider hinter Bezahlschranke)
https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/0956797610383437
Männer unterbrechen Frauen um ein Vielfaches häufiger als ihre Geschlechtsgenossen
Mehrere Studien zeigen, dass Männer Frauen in gemischtgeschlechtlichen Gesprächsrunden deutlich häufiger unterbrechen als umgekehrt oder auch als ihre Geschlechtsgenossen. In gemischtgeschlechtlichen Gesprächen waren es 46 von 48 Mal die Männer, die die Frauen unterbrachen.
Der Artikel bezieht sich auf folgende Studie:
https://web.stanford.edu/~eckert/PDF/zimmermanwest1975.pdf
Der Barnum-Effekt: Oder wie Gedankenlesen funktioniert
Ist es nicht seltsam, dass das Horoskop in der Tageszeitung fast immer recht hat? Nein. Denn es ist extra so formuliert, dass sich fast jede:r darin wiederfindet. Oder wie es bei Wikipedia heißt: „Der Barnum-Effekt bezeichnet die Neigung von Menschen, vage und allgemeine, meist positive Aussagen über die eigene Person so zu interpretieren, dass sie als zutreffende Beschreibung empfunden werden“.
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