Und was ist, wenn der Strom ausfällt, hä? Wie lädst Du dann Dein E-Auto? Häh?

Naja, wenn der Strom ausfällt, wie tankst Du denn dann Deinen Verbrenner? Oder glaubst Du, eine Tankstelle funktioniert bei Stromausfall?

So oder so ähnlich verlaufen viele Diskussionen rund um E-Mobilität. Was läuft schief? Also kommunikativ? In diesem Artikel zeige ich dir fünf Dinge, die man anders machen könnte, um Menschen zu überzeugen. Daraus kannst du für viele alltägliche Diskussionen etwas mitnehmen, nicht zwingend muss es um das E-Auto gehen.

Viele Argumente sind viel zu rational

Wusstest du, dass ein E-Auto schon bei einer sehr durchschnittlichen Fahrleistung 40% an CO2 gegenüber einen Verbrenner einspart? Und? Macht dir diese Info jetzt richtig Lust auf ein E-Auto? Vermutlich nicht, oder? Und das ist das erste Problem: Es wird viel zu faktenbasiert argumentiert.

Ja, Fakten sind wichtig. Aber gerade das Thema Elektromobilität zeigt wunderbar, dass Fakten allein eben nicht ausreichen. Vor allem nicht bei einem hier in Deutschland so emotionalen Thema wie Autofahren. Für viele Menschen ist das Auto mehr als ein Fortbewegungsmittel. Es ist, so seltsam das klingen mag: Symbol der persönlichen Freiheit. Statussymbol. Aber auch Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Vergiss die Gucci-Tasche. Kauf dir ein Mini-Cabrio. Und dieses emotionale wurde komplett außen vorgelassen.

Warum wird also nicht mehr über die Beschleunigung gesprochen, die echt Spaß macht? Ja, 150 PS in einem E-Auto gehen ganz anders ab als in einem Verbrenner. Aber mit Fahrspaß wird so gut wie kein E-Auto beworben. Warum nicht? Übrigens, das E-Auto, das aktuell die meisten Emotionen weckt, ist der Tesla Cybertruck. Aber es sind nicht die Emotionen, die Menschen zum Kauf verleiten. Eher so im Gegenteil. Schade.

Druck statt Sog

Wenn du möchtest, das Leute etwas wirklich haben wollen, musst du ihnen die Chance dazu geben, es zu wollen. Das ist schon bei Kindern so. Sag ihnen nicht, sie müssen irgendein Gemüse essen. Iss es selber und biete ihnen extra nichts davon an. Die natürliche Neugier wird früher oder später dazu führen, dass sie es probieren wollen. Zumindest mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit. Dinge, die wir MÜSSEN, können wir gar nicht mehr WOLLEN.

Und viele haben dein Eindruck, E-Autos werden ihnen aufgedrängt. Weil man das Thema zu lange verschlafen hat, soll jetzt alles ganz schnell gehen. Dazu auch diese Prämie. Aber Prämie zum Kauf, was heißt das? Es kommt bei den Leuten an: Die Dinger muss man mit einer Prämie irgendwie loswerden, sonst kauft es keiner. Ganz anders lief das damals mit dem Smartphone. Apple hat das IPhone auf den Markt gebracht. Zu damals wirklich unverschämt hohen Preisen. Und die Leute standen bald Schlange vor den Apple-Stores. Nur um ein Exemplar zu bekommen. Egal zu welchem Preis. DAS ist die Art, wie du ein Produkt zum Haben-Wollen machst. Wenn du Menschen von etwas überzeugen willst, dann sag ihnen nicht, was sie tun sollen. Sondern warum du das tust. Warum du das richtig und wichtig findest. Lebe es vor. Finde andere „Testimonials“. Und arbeite mit Sog statt mit Druck.

Der Umgang mit Verunsicherung

Neue Technologie sorgt für Verunsicherung. Das war schon immer so.

Ja, ähm, wie oft brennt denn so ein E-Auto eigentlich?

Laut Studien deutlich seltener als ein Verbrenner.

Ja, und wie viele Ressourcen werden zur Herstellung gebraucht? Werden da nicht ganze Regionen zu Wüsten bei dem Wasserverbrauch?

In etwa so viel Wasser wie für die Herstellung von zwei Jeans.

Ja, und wenn ich keine Ladesäule finde?

Es gibt in Deutschland inzwischen mehr Ladepunkte als Tankstellen.

Ja, so gut wie jede dieser Fragen lässt sich mit Fakten beantworten. Aber hilft das? Nein. Es hat dennoch etwas von einer Rechtfertigung. Von einer Beschwichtigung. Es mildert die Verunsicherung ob einer neuen Technik etwas ab, aber das reicht bei weitem nicht aus.

Und das wirst du in deine Rede-Situationen auch erleben. Dass du bei skeptischen Nachfragen deines Gegenübers oder einer Person im Publikum mit rein faktenbasierten Antworten oft nur das schlimmste abfangen kannst. Aber um wirklich zu überzeugen, musst du anders vorgehen.

Erstmal möchten die Skeptiker:innen nicht wie Schulkinder belehrt werden. Ihr Dummerchen, ihr habt ja keine Ahnung. Selbst wenn sie keine Ahnung haben und viele in dieser Debatte haben keinerlei Ahnung, hilft es nichts, ihnen das unter die Nase zu reiben. Und es hilft auch nichts, wenn jemand Reichweitenangst hat bei maximal 350/400 km, zu sagen, dass der Deutsche durchschnittlich maximal 50 km weit fährt. So eine Statistik überzeugt da niemanden.

Also, was tun? A) Verständnis zeigen und Sorgen/Zweifel ernst nehmen. Nicht marginalisieren oder erklären, warum das aber Unfug ist.

B) Storytelling nutzen! Also am besten die eigene Geschichte, wie man am Anfang auch skeptisch war und dann aber festgestellt hat, dass das alles in der Praxis gar nicht weiter störend ist, oder nur ein oder zwei Mal im Jahr man an einer Raststätte beim Laden warten muss.

Oder gar eine Geschichte, dass man in der Zeit mit jemanden ins Gespräch gekommen ist und eine super interessante Unterhaltung hatte, aus der dann sogar eine geschäftliche Zusammenarbeit entstanden ist. Ist das ein rationales Argument? Nein. Funktioniert es? Ja, erstaunlich gut sogar.

Mit Storytelling kannst du Menschen von ihrer Skepsis Schritt für Schritt wegführen. Schwierig, sie gleich zu begeisterten Fans deiner Idee zu machen. Aber bis zu einem gewissen Punkt funktioniert das wirklich sehr gut.

C) Skepsis akzeptieren, aber als Einzelfall framen, damit sich die Skepsis nicht auf alle Anwesenden überträgt. Also klar, ich lade mein E-Auto an der hauseigenen Solaranlage und fahre die 100km für 1 Euro 50. Geil, oder? Aber ich weiß, dass das nicht für jeden so möglich ist. Mein Bruder hätte auch gerne ein E-Auto gehabt. Hat aber marode Leitungen in der Garage. Und das gesamte Haus müsste erst mal mit neuen Leitungen ausgestattet werden, also quasi installatorisch eine Kernsanierung, damit er vernünftig laden kann. Insofern fährt er einen Verbrenner.

Da ist es wichtig auch klar zu machen: Ich verstehe, dass das für dich in deiner Situation keinen Sinn ergibt. Aber für die meisten Menschen stellt das kein Hindernis dar. So in der Art sollte dann argumentiert werden, damit sich die Skepsis, die aus dem Einzelfall heraus durchaus nachvollziehbar sein kann, nicht auf alle überträgt.

Angriff ist die beste Verteidigung

Nicht immer. Aber manchmal. Wenn jemand darauf hinweist, unter welchen Bedingungen z.B. Lithium abgebaut wird, und die Kritik ist berechtigt, kannst du mal dezent nachfragen, ob diese Person denn auf ein Smartphone verzichtet? Da ist ja auch Lithium drin. Und Mineralöl wird wie wir alle wissen bei Vollmond von Jungfrauen handgeschöpft. Nein, das sind auch schlimme Zustände.

Und was passiert nach Nutzungsende mit den Akkus?

Ja, und was passiert mit dem Altöl aus Verbrenner-Motoren?

Wir sollen dazu umerzogen werden, E-Autos zu fahren! Damit Firmen daran verdienen.

Ja, und wer profitiert davon, wenn wir weiter Verbrenner fahren? Genau. Die Ölmultis!

Also, du kannst einen Angriff auch mit einer Gegenoffensive kontern, eine Frage mit einer Frage beantworten. Vor allem wenn es, wie beim Lithium, ein berechtigter Kritikpunkt ist.

Optimismus ausstrahlen

Menschen stehen gerne auf der Seite der Sieger. Das E-Auto wird sich durchsetzen, das ist m.E. ziemlich klar. Und wenn es eine bessere Technik gibt, hat sie Pech gehabt. Aber die Transformation hin zu E-Mobilität ist jetzt schon so weit fortgeschritten und da wurde schon so viel Geld reininvestiert, dass es einfach ein Erfolg werden muss. Unabhängig von den konkreten Stärken und Schwächen.

Dieser Punkt ist sehr pragmatisch, aber tatsächlich mögen wir Menschen nun mal Erfolgsgeschichten und kein Mimimi. Kaiser Wilhelm der Zwote war übrigens kein Freund des Automobils an sich. Er sagte mal: Ich glaube an das Pferd. Nicht seine schwerwiegendste Fehleinschätzung, aber hey, schon ziemlich daneben im Nachhinein.

Fazit

Ob sich eine Idee durchsetzt, liegt nicht immer an der Idee selbst. Sondern oft genug an der Art und Weise, wie diese kommuniziert wird. Gerade hier gibt es bei der E-Mobilität noch viel Optimierungspotential. Aber bei weitem nicht nur da. Vielleicht ist dir in der einen oder anderen Diskussion auch schon einer der oben aufgeführten Fehler passiert? Dann solltest du diese schnellstmöglich abstellen. Denn es ist immer schade, wenn eine gute Idee an schlechter Argumentation scheitert.

Hi. Mein Name ist Oliver Walter. Ich bin Rhetoriktrainer & Coach. Hier blogge ich über mein Lieblingsthema: Rhetorik & Kommunikation. Wenn ich Dir mit meiner Fachmeinung oder meinem Knowhow weiterhelfen kann, lass es mich gerne wissen. 

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