Gefühlt wird Smalltalk immer schwieriger, da immer weniger Themen unverfänglich sind. Selbst das Wetter, Fußball und Gesundheit sind politische Themen geworden, bei denen man in Fettnäpfchen treten kann.
Zudem wird immer mehr Wert auf Effizienz gelegt. Und SmallTalk gilt – zu Unrecht – als ineffiziente „Zeitverschwendung“.
Aber klären wir zunächst doch mal, wozu wir eigentlich Smalltalk machen. Small talk heißt ja wortwörtlich übersetzt „kleines Gespräch“. Also im Gegensatz zum „Big Talk“, Gehaltsverhandlungen, Bewerbungsgespräche, Heiratsanträge, Plädoyers vor Gericht oder politische Debatten, geht es beim Smalltalk um Nebensächlichkeiten, eigentlich überhaupt nicht um den Inhalt. Wozu führen wir solche Gespräche denn überhaupt? Warum verschwenden wir Menschen unsere Zeit mit inhaltsleeren Unterhaltungen?
Wozu Smalltalk?
Dazu eine These: Wir Menschen haben eine so komplexe Sprache, wie wir sie haben, mit so vielen Mehrdeutigkeiten, gar nicht zum reinen Informationsaustausch entwickelt. Denn das ginge viel simpler. Sondern wir haben so umfangreich sprechen gelernt um sozialen Zusammenhalt herzustellen. Und da wir mit Sprache viele Menschen gleichzeitig erreichen können, ist das viel effektiver als das, was andere Menschenaffen tun, z.B. das Lausen der Schimpansen. Oder auch die Sexorgien der Bonobos. Zugegeben, letzteres klingt erstmal spannender als Smalltalk. Aber: Es ist auch viel zeitaufwändiger. Wie viele Tiere können ein Rudel bilden? Bei Schimpansen und anderen Menschenaffen wird das Stresslevel ab einer gewissen Anzahl an Mitgliedern zu hoch, weil es zu viele sind, um sich als Ausgleich und zur Beziehungspflege eben gegenseitig lausen oder ständig beschlafen zu können.
Wir Menschen quatschen oder schnacken einfach miteinander. Es hat sich übrigens gezeigt, beziehungsweise lässt sich nachrechnen, dass die Zeit, die für soziales Miteinander aufgebracht wird, bei allen Affenarten in etwa gleich ist. Auch bei uns Menschen. Wir verwenden also in etwa so viel Zeit mit Reden, wie Affen mit Lausen. Nur dass wir problemlos gleichzeitig mit ganz vielen Menschen reden können. Zumindest deutlich mehr als wir lausen könnten. Deshalb können wir Gesellschaften mit mehr als ca. 25 Mitgliedern bilden.
Der Benefit von Smalltalk
Wozu genau machen wir also Smalltalk? Bzw. wie trägt Smalltalk zu diesem gesellschaftlichen Miteinander bei? Ganz einfach: Wir schaffen dadurch Vertrauen. Wenn ich mit einem Menschen mal geredet habe, und seien es nur ein paar Worte zu einem total nebensächlichen Thema, dann „kenne“ ich diesen Menschen. Nicht so wirklich gut, klar. Aber eben doch. Das heißt: Wenn ich mit diesem Menschen in einem engen Aufzug stehe, wird mir das deutlich weniger unangenehm sein als mit einem Wildfremden.
Wenn Du mir bei einem Vortrag zuhörst, und wir begegnen uns danach in einer dunklen Gasse, wirst Du vor mir weitaus weniger Angst haben als wenn ich ein total Fremder wäre. Obwohl wir uns ja nicht wirklich kennen. Aber allein, dass ich kein Fremder mehr für Dich bin, wenn Du mir auch nur ein paar Minuten zugehört hast, macht mich für Dich weniger bedrohlich.
Unterschätze also nie die soziale Funktion von Smalltalk! Die berühmt-berüchtigte Raucherecke, die es früher in jeder Firma gab, und heute noch die Teeküche, das sind die beiden Orte, an denen unglaublich viel soziale Interaktion abseits von Abteilungszugehörigkeit und Hierarchie stattfindet.
Hello again
Wenn Du dann in einem Meeting auf jemanden triffst, mit dem Du zuvor schon mal Smalltalk gemacht hast, dann hast Du genau den Effekt, den ich gerade beschrieben hatte. Man kennt sich irgendwie schon. Auch zum Einstieg in Kundengespräche nutze ich das gerne. Wie sind Sie hergekommen? War viel Verkehr? Ja, die Baustelle auf der A6 ist wirklich nervig. Ohja, wirklich schöne Gegend hier, uns gefällt es unglaublich gut hier. Gerade mit Kindern ist der See in der Nähe einfach toll im Sommer. Und so weiter.
Erst dann geht es über auf den Anlass des Treffens. Dieses Vorgehen gerät immer mehr in Vergessenheit wegen vermeintlicher Effizienz. Alles ist getaktet, und gerade in Online-Meetings beginnt man oft SOFORT mit dem Thema. So, die heutige Agenda habt Ihr ja alle per Mail erhalten, legen wir los. Das ist nur scheinbar effizient. Denn es fehlt eben das zwischenmenschliche. Die Atmosphäre.
Und nur wenn die weichen Faktoren stimmen, kannst Du bei den harten Fakten wirklich gut vorankommen. Kund:innen, die das Gefühl haben, Dich persönlich etwas zu kennen, kaufen eher bei Dir als wenn Du für sie nur der 10-Uhr-Termin bleibst. Kolleg:innen arbeiten besser zusammen, wenn man sich auch mal einfach nur so unterhält, allein schon, weil wenn viel geredet wird, eben auch eher und leichter über wichtige Dinge geredet wird. Wie machst Du das jetzt aber am besten? Wie funktioniert Smalltalk? Hier drei Tipps für Dich.
Finde Gemeinsamkeiten
Ach, auch mit dem E-Bike hergekommen? Was für ein Modell haben Sie denn? Ich habe ein XYZ und bin damit eigentlich ganz zufrieden… Oder: Sie haben da ein paar Hundehaare auf dem Anzug. Kenne ich selber nur zu gut, wir haben Katzen.
Geteiltes Leid, geteilte Freud…. das geht immer. Und irgendetwas hast Du mit jedem anderen Menschen gemeinsam. Es ist ja immer eine bewusste Entscheidung, ob Du Dich auf Unterschiede fokussierst, da wirst Du dann auch jede Menge finden. Oder auf Verbindendes. Das wirst Du dann auch schnell finden. Und dann hast Du meist ganz schnell ein Thema.
Ich habe mich mit einer Seminarteilnehmerin vor Beginn über unsere Schuhe unterhalten. Wir hatten beide die selben Sneaker, bzw. das gleiche Modell Laufschuhe an und haben uns über das neueste Modell unterhalten, das wir uns beide noch nicht zugelegt hatten, aber drüber nachdachten und haben uns einige Minuten über dieses komplett belanglose, aber dadurch auch absolut nicht polarisierende Thema unterhalten. Danach hatte ich beim Seminar schon mal eine Person, die sich mir ein Stück weit verbunden fühlte, noch bevor es überhaupt offiziell losgegangen war.
Schenke Deinem Gegenüber Deine volle Aufmerksamkeit
Auch wenn es „nur“ Smalltalk ist: Das „kleine Gespräch“ erledigt sich nicht so nebenbei. Wende Dich auch körperlich der anderen Person zu. Pack Dein Smartphone weg. Und stell immer mal wieder Augenkontakt her. Reagiere auf Aussagen des oder der Anderen. Sei es mit einem Nicken, einer Geste, etc. Zeig Interesse durch kleine Nachfragen. Übertreib es aber auch nicht mit der Aufmerksamkeit. Dein Gegenüber sollte auch nicht den Eindruck bekommen, dass Du mit ihm/ihr flirtest oder unbedingt etwas verkaufen willst.
Smalltalk bleibt trotz des Austauschs immer auch ein bisschen unverbindlich. Man tauscht danach meist nicht die Kontaktdaten aus und verabredet sich zu irgendwas. Im Beispiel vorhin mit dem Laufschuhen haben die Teilnehmerin und ich uns dann nicht noch zu einer gemeinsamen Laufrunde verabredet.
Wir haben das Gespräch noch nicht mal wieder aufgenommen im Laufe der folgenden zwei Seminartage. Der Smalltalk hatte seinen Zweck erfüllt.
Erzähle Persönliches, aber nicht zu Persönliches
Natürlich machen sich nette, kleine Anekdoten aus der eigenen Geschichte immer gut. Wir alle erzählen doch gerne solche witzigen Geschichten aus dem letzten Urlaub, als ich zum Beispiel auf Fuerteventura eine Curry Wurst bestellt habe. Und schon allein deshalb an allem folgenden selber schuld bin, denn wieso um alles in der Welt bestelle ich auf Fuerteventura eine Currywurst? Wie deutsch kann man denn bitte sein?
Geschieht mir doch ganz recht, dass die dann vom Kellner gebracht wurde und der ganze Teller gelb war, weil da wirklich eine Wurst in originaler Currysoße schwamm. Und ich das dann probiert habe und es wirklich die widerlichste Currywurst meines Lebens war, von der ich auch die folgenden Tage noch was davon hatte. Und da sind wir auch an der Grenze desssen, was beim Smalltalk okay ist.
Wie Du Dir damals auf Malle diese echt fiese Geschlechtskrankheit eingefangen hast, das wollen vielleicht nicht mal Deine besten Freunde wissen. Es wird Dich überraschen, aber das ist kein Smalltalk-Thema. Was noch angemessen ist und was nicht, ist natürlich auch vom jeweiligen Kontext abhängig. Und mit welchen Leuten Du es zu tun hast. Gegenüber Kolleg:innen geht mehr als im Gespräch mit Vorgesetzten oder Kund:innen.
Werde nicht aufdringlich und achte auf halbwegs ausgeglichene Redeanteile
Die jetzt schon sehr häufig erwähnte soziale Funktion des Smalltalks beruht natürlich auch auf Gegenseitigkeit. Ich wurde schon mal als ich nachts auf den Bus gewartet habe, 15 Minuten von einem Betrunkenen zugetextet über seine Lieblingssongs und Lieblingsbands. Alles aus dem Speed- und Death-Metall-Bereich. Ich hab rein gar nichts gesagt. Das war jetzt nicht so klassischer Smalltalk. Da wäre mir peinliches Schweigen eindeutig lieber gewesen. Auch das gehört mit dazu: Ein Gesprächsangebot zu machen. Aber auch einzusehen, dass die andere Person vielleicht aus welchen Gründen auch immer gerade keine Lust hat, sich zu unterhalten, sondern lieber auf das Handy oder in die Luft starren möchte. Dann lass es auch gut sein.
Beende das Gespräch dann irgendwann auch
Was ich damit meine: Oft ergibt sich das Gesprächsende automatisch. Der Bus kommt. Die Zigarette ist zu Ende geraucht. Die Polizei stürmt das Gebäude… Nein, Quatsch, Du weißt was ich meine. Viele Smalltalk-Situationen haben ein natürliches Ende, das oft von Anfang an absehbar ist. Aber es gibt auch andere Situationen, die mindestens einer von beiden aktiv beenden muss. Und wenn es nur so etwas ist wie So, ich muss dann mal weiter, hat mich gefreut, schönen Tag noch. Aber nichts ist schlimmer als wenn nach dem Gespräch doch noch das peinliche Schweigen eintritt, das man doch eigentlich vermeiden wollte. Das entwertet das ganze Gespräch davor.
Befolge diese Tipps und der Smalltalk wird Dich ganz bestimmt gelingen.
Shownotes
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Stimme In- & Outro: Maron Fuchs
Alle Folgen des Podcasts unter http://rhetorikpodcast.de
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