Gerade beim Thema Stimme empfehle ich sehr, sich die Podcastfolge anzuhören, da ich darin vieles vormachen kann, was beim Lesen des Artikels im Kopf des Lesers passieren muss.

Neulich hat mir eine Freundin von ihrem Tinderdate erzählt. Sie traf sich mit einem attraktiven Mann, die beiden hatten ausführlich hin und her getextet, verstanden sich blendend, hatten eine ähnliche Einstellung zum Leben und den gleichen Humor. Also traumhafte Voraussetzungen. Aber das Date verlief furchtbar. Sie sagte mir, sie hätte es am liebsten nach der ersten Minute abgebrochen. Der arme Mann hat eigentlich nichts falsch gemacht. Er hat nur… den Mund aufgemacht. Und hatte eine furchtbare Stimme. Also subjektiv natürlich. Aus Sicht meiner Freundin. Und damit war eben jede Romantik, jede Erotik und jedes Interesse von einer Sekunde auf die andere weg.

Das zeigt sehr schön wie wichtig unsere Stimme ist. Wie viel die Stimme zur Wirkung unserer Worte beiträgt, kannst Du Dir verdeutlichen am Beispiel Ironie. Ob etwas ernst gemeint ist oder ironisch, das merkst Du häufig allein am Klang der Stimme. Beispiel: „Wow, das hast Du wirklich klasse gemacht“. Das kann ein aufrichtiges Lob sein. Oder eine Veräppelung.

Im Folgenden nun 5 Tipps wie Du mit Deiner Stimme optimale Wirkung erzielst. Wir orientieren uns dabei an den Variationsmöglichkeiten, die uns die Stimme nun mal bietet:

Dabei geht es um alle fünf Variationsmöglichkeiten, die uns unsere Stimme so bietet:

  • Lautstärke
  • Sprechgeschwindigkeit
  • Tonalität (Sprachmelodie)
  • Tonhöhe
  • Pausen

Legen wir los:

LAUTSTÄRKE

Natürlich solltest Du so laut sprechen, dass Dich jede:r versteht. Aber kein bisschen lauter. Weil enorme Lautstärke nicht souverän wirkt. Wer brüllt hat meist Unrecht. Zu leise wirkt wiederum eher eingeschüchtert, der graue Mäuschen-Stil. Wenn Du vor größeren Menschenansammlungen sprichst, würde ich immer ein Mikrofon empfehlen. Damit man eben nicht schreien muss. Das verdirbt sonst auch die Betonung. Die richtige, passende Betonung, so eine bestimmte Melodie in der Stimme, ist ganz wichtig, damit Dir Dein Publikum gerne zuhört.

DAS WIRD SCHWIERIG WENN DU IMMER SCHREIEN MUSST DAMIT MAN DICH VERSTEHT!

Dreh aber auch das Mikrofon nicht zu weit auf. Die Leute sollten sich schon immer noch ein ganz kleines bisschen anstrengen müssen um Dich zu hören. Also wirklich nur so ein ganz kleines bisschen. Das gilt auch, wenn ein gewisses „Grundrauschen“ während Deines Vortrags zu vernehmen ist. Also hier und da mal Gemurmel ist, zwei sich etwas zuflüstern, etc. Wenn eine gewisse Unruhe im Raum ist, neigen viele Redner:innen dazu, immer lauter zu sprechen, um dieses Grundrauschen zu übertönen. Der klassische Effekt: Das Grundrauschen wird lauter. Und der oder die Redner:in spricht noch etwas lauter. Also wird das Grundrauschen… noch lauter. Und so weiter. Keine gute Idee diesen Wettbewerb anzufangen!

Ganz im Gegenteil. Wenn Du leiser sprichst, wird das Gemurmel im Vergleich lauter wirken. Und somit störender. Und die sich Unterhaltenden oder Kommentierenden werden nach und nach leiser werden, entweder weil es ihnen selbst peinlich ist. Oder weil die Umstehenden sie mit bösen Blicken strafen. Das funktioniert bei relativ kleinen Gruppen von einigen wenigen, aber auch bei großen Audiences, auch in Sälen mit 1000 Personen und mehr. Die für Dich optimale Lautstärke für das „normale“ Sprechen musst Du durch Herumprobieren herausfinden.

Eher hohe Stimmen sollten nicht zu laut sprechen, weil sie dann schrill klingen. Während sehr tiefe Stimmen grundsätzlich souveräner wirken, aber auch leicht einen etwas seltsamen Opa-Effekt erzielen. Es kann auch erstmal sehr seltsam sein, die eigene Stimme zu hören. Da fragen sich viele: Kling ich wirklich so? Und würden sich am liebsten nie wieder selbst hören.

Ich erlebe das immer wieder in Seminaren, in denen ich mit Kamera arbeite. Oder auch nur kurze Handyvideos der Teilnehmenden während ihrer Performance mache. Dass viele das gar nicht wollen. Also nicht mal ausschließlich zur Analyse danach. Ich halte das aber für unumgänglich. Nimm Deine eigene Stimme auf. Mit der Diktierfunktion Deines Smartphones. Oder am PC mit Programmen wie Audacity und ähnlichem. Und teste verschiedene Lautstärken. Wie Du klingst, wenn Du flüsterst. Und wenn Du GANZ LAUT WIRST.

Und wie Deine „normale“ Lautstärke klingt. Und wie unterschiedlich dabei auch die möglichen Modulationen in der Stimme sind. Womit wir bei Punkt zwei sind:

Be-to-nung

Die deutsche Sprache, und viele andere auch, brauchen Betonungen, damit man richtig verstanden wird. Es macht zum Beispiel einen großen Unterschied, ob Du jemanden umfährst. Oder umfährst. Zudem ist ein monoton vorgetragener Text sehr ermüdend und schon nach wenigen Augenblicken wird es Dir wie eine Ewigkeit vorkommen und Du Dir wünschen der oder die Vortragende würde mehr betonen und auch Pausen machen und Dir auch mit einer persönlichen Note das Zuhören angenehmer machen.

Übe die richtige, mitreißende Betonung gerne an Witzen. Vielleicht ist es Dir schon mal aufgefallen: Es gibt Leute, die ruinieren jeden Witz. Weil sie die Pointe nicht richtig rüberbringen. Und andere bringen Dich dazu, dass Du selbst über die ältesten Fips-Asmussen-Gedächtnis-Witze lachen musst. Weil sie es über die Betonung schaffen, den Spaß an diesem Witz zu vermitteln. Ihn lebendig zu erzählen. Die wahre Kunst ist es, im Alltag eine spannende, lebendige Betonung über längere Zeit aufrecht zu erhalten.

Das ist mir selbst aufgefallen als ich das erste Mal ein abendfüllendes Soloprogramm gespielt habe. Bei Seminaren, Freien Trauungen und so weiter spreche ich eigentlich nie länger als ca. 45 Minuten am Stück. Wenn überhaupt. Bei einer Trauzeremonie zum Beispiel ist ja meist auch mal eine musikalische Pause dabei. Oder Gastbeiträge. Aber wirklich 90 Minuten am Stück oder nur mit kurzer Pause, das war anfangs eine echte Herausforderung für meine Stimme. Und auch für die eigene Konzentration.

Und die Gefahr ist groß, dass man irgendwann in einen monotonen Singsang verfällt. Dass die Energie nachlässt und je müder auch die Stimmbänder werden, desto schwieriger eben auch eine angenehme, abwechslungsreiche Stimmmodulation hinzubekommen. Das war für mich bei meinen ersten abendfüllenden Auftritten im Nachhinein die größte Herausforderung. Ich stand da auf der Bühne, es waren tatsächlich Leute gekommen und haben dafür bezahlt mich zu sehen!

Jetzt nicht so viele, dass ausverkauft gewesen wäre. Aber auch nicht so wenig, dass es leer wirkte. Und ich hatte riesig Spaß, habe dann aber immer mehr gemerkt, dass sich meine Stimme verabschiedet. Dass sie kratziger wird. Und dass es auch zwecks Betonung dann schon erhöhter Konzentration bedarf, sich selbst immer wieder daran zu ermahnen.

Wenn Du also einen längeren Vortrag zu halten hast, übe das gerne vorher, auch die entsprechende Dauer am Stück zu sprechen. Wichtig ist dabei auch nicht irgendwann, weil es sich lang anfühlt, schnell machen zu wollen und alles nur noch runterzurattern. Damit befassen wir uns jetzt als drittem Punkt:

Sprechgeschwindigkeit

Vielleicht erinnerst Du Dich noch an den Comedian Rüdiger Hofmann. Ja, hallo erstmal… ich weiß nicht, ob Sie es wussten… Er redete immer sehr langsaaaam… Oder aktueller: Felix Lobrecht. Schau Dir gerne von Felix mal ein paar Clips im Internet an. Wie langsam er teilweise spricht. Was zudem einhergeht mit einem völlig übertriebenen Einsatz von Pausen. Aber gerade dadurch erzeugt er den für ihn typischen Humor. Ein Gegenbeispiel, bzw. ein Beispiel dafür, dass man Humor auch mit viel zu hohem Sprechtempo sehr gut hinbekommt, ist Eddy Murphy. Man denke an den 80er Jahre Klassiker Beverly Hills Cop. Da spricht er in einer Tour so schnell, er redet und redet und quatscht alle tot, so dass außer ihm wirklich niemand zu Wort kommt, weil er wirklich überhaupt nicht aufhört zu reden.

Aber auf Dauer auch etwas anstrengend. Für alle Beteiligten. Grundsätzlich gilt: Sprich lieber etwas zu langsam als zu schnell. Denn die Leute brauchen ja im Gegensatz zu Dir Zeit erstmal zu verarbeiten, was Du ihnen erzählst. Wenn Du Deine Rede oder Teile eines Gesprächs vorab übst, und vielleicht auch wie vorhin schon empfohlen aufzeichnest, tust Du das vermutlich in der für Dich typischen Sprechgeschwindigkeit.

Viele Menschen rechnen dabei aber nicht ein, dass man als Redner:in, gerade mit etwas weniger Erfahrung vielleicht, dazu neigt beim Vortrag dann nervös zu sein. Ich habe zum Thema Lampenfieber ja auch schon eine Episode gemacht. Und Lampenfieber oder ganz allgemein Nervosität führen dazu, dass man automatisch schneller spricht. Im Fall der Fälle solltest Du Dich also eher etwas zügeln.

Wenn Du Deine Worte lebendig betonst und etwas Interessantes zu sagen hast, werden die Leute Dir auch zuhören, wenn Du ihnen einen Tick zu langsam bist. Wenn Du zu schnell bist, steigen sie irgendwann zwangsläufig aus, und dann ist es vorbei. Egal wie interessant Dein Thema ist. Das gilt auch für die

Stimmlage

Ganz generell solltest Du nicht zu hoch sprechen. Dazu neigt man eher, wenn man schnell spricht. Ein weiterer Grund, warum Du lieber etwas langsamer sprechen solltest. Hohe Stimmen assoziieren wir mit Kindern, sie wirken nicht dominant. Sondern eher unsicher. Das ist durch Studien belegt.

Zum Thema Studien: Eine der spannendsten Studien der letzten Jahre zum Thema Stimme kommt von der Uni Leipzig. Dort hat man herausgefunden, dass sich der Abstand zwischen Männer- und Frauenstimmen, also so im Durchschnitt, über die letzten Jahrzehnte halbiert hat. Also Männer sprechen demnach bei ca. 110 Hertz, Frauen mal bei 220 Hertz. Jetzt, nach dieser Studie, bei 165 Hertz. Also der Abstand ist deutlich kleiner geworden. Und es gibt dafür keinerlei hormonelle oder anatomische Gründe. Es kann nur durch die fortschreitende Gleichberechtigung liegen. Dass Frauen nun auch mehr Kompetenz durch ihre Stimme ausstrahlen als in früheren Zeiten. In denen es vielleicht strategisch besser war die Beschützerinstinkte von Männern zu wecken.

Von Margret Thatcher, der berühmten britischen Premierministerin, wird behauptet sie habe ihre Stimme extra darauf trainiert tiefer zu sprechen. Und der Erfolg gibt ihr Recht. Übrigens gehört dazu auch der Effekt, dass es viel Glaubwürdigkeit kostet, wenn am Ende eines Satzes die Stimme nach oben geht? Als wäre es keine Aussage, sondern eine Frage? Als wäre man sich selbst nicht so sicher? Du hast diese Sätze jetzt vermutlich auch als Frage gelesen. Lese sie gerne noch mal, aber dieses Mal mit einem Punkt am Ende jedes Satzes. Geht die Stimme nach unten, setzt man damit nämlich auch hörbar einen Punkt. Diesen Effekt kannst Du noch verstärken durch eine

Pause

Manchmal kommt es aber nicht darauf an wie laut oder leise Du sprichst, wie schnell oder langsam und auch nicht wie tief oder hell. Dann ist es einfach Zeit für eine… Pause. Und vielleicht hast Du das Wort „Pause“ eben schon vorausgedacht, bevor Du es gelesen hast.

Das ist nur einer der vielen netten Aspekte, die die Pause haben kann. Die Pause erzeugt Stille. Und die ist wichtig. Damit man mal durchatmen kann. Auf beiden Seiten. Sowohl Du als Redner:in kannst Luft holen, die Stimme kurz entspannen und dann auch wieder flüssiger und/oder mit angenehmerer Betonung weiter machen. Und Deine Zuhörerschaft hat mal einen Augenblick Zeit, das Gesagte zu verarbeiten. Oder eben auch neugierig zu werden auf das, was als nächstes kommt. Nach einer rhetorischen Frage ist es schon regelrecht fahrlässig keine Pause zu machen. Um die Frage wirken zu lassen.

„Haben Sie sich schon mal gefragt, was wir tun können um endlich wieder mehr Wachstum zu generieren?“ [Pause] „Ich verrate es Ihnen: Wir müssen expandieren.“

Diese Pause nach der Frage erzeugt Spannung. Sie ist sozusagen ein Cliffhanger. Und wenn die Rede bis dahin gut war, die Leute voll dabei sind, dann entsteht da tatsächlich Spannung. Und die Antwort wird viel besser aufgenommen. Auch beliebt bei Aufzählungen.

„Ich spreche heute über die drei Faktoren für nachhaltigen Erfolg: Erstens: Motivation. Zweitens: Know How. Und drittens: [dramatische Pause] Hartnäckigkeit“.

So entsteht auch in einer Aufzählung Spannung. Fun Fact: Die Pause kommt Dir immer viel länger vor als Deinem Publikum. Das geht jedem Menschen so. Zähle ruhig 21, 22, 23… Was Dir wie eine Ewigkeit vorkommen wird. Für Dein Publikum ist es aber genau der richtige Umfang.

Nun wünsche ich Dir viel Spaß beim Ausprobieren. Du wirst erstaunt sein, was Deine Stimme alles kann!

Hi. Mein Name ist Oliver Walter. Ich bin Rhetoriktrainer & Coach. Hier blogge ich über mein Lieblingsthema: Rhetorik & Kommunikation. Wenn ich Dir mit meiner Fachmeinung oder meinem Knowhow weiterhelfen kann, lass es mich gerne wissen. 

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