Framing und Priming sind zwei sehr interessante Effekte mit großen Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung von Informationen. Ich möchte Dir zu Beginn eine kleine Geschichte erzählen. Oder eigentlich drei Geschichten. Also… Genau genommen erzähle ich Dir ein und die selbe Geschichte dreimal. Mit kleinen, aber entscheidenden Unterschieden.

Variante 1: Ich war neulich laufen. Und vor mir war eine Hundehalterin mit ihrem Hund, der nicht an der Leine war und es dann unterhaltsam fand mir nachzurennen, dabei zu bellen und an mir hochzuspringen. Das hat mich schon etwas verunsichert und ich war froh als die Besitzerin ihren Hund wieder eingefangen hatte.

Variante 2: Ich war neulich laufen und bereit für ein Abenteuer in freier Natur. Als mir eine ältere Dame mit ihrem Hündchen entgegenkam, das mich freudig begrüßte und an mir hochsprang. Ganz kurz hatte ich mich erschreckt, dann haben die ältere Dame und ich über die Situation kurz gelacht.

Variante 3: Neulich wollte ich nur friedlich vor mich hinlaufen um zu entspannen und runterzukommen. Als mir plötzlich dieser wilde Köter nachstelle und mich anbellte und an mir hochsprang, dass ich fast in Panik geriet. Die völlig überforderte Halterin konnte ihre wilde Töle dann zum Glück doch noch bändigen.

Framing

Ich nehme an, jede dieser drei Varianten hat etwas anderes in Dir ausgelöst. Obwohl der Inhalt, also die zugrunde liegenden Fakten, immer identisch waren. Genau das nennt sich Framing. Laut Definition:

Framing bedeutet, dass unterschiedliche Formulierungen ein und desselben Inhalts die Reaktion des/der Empfänger:in unterschiedlich beeinflussen.

Das heißt, das Wort Framing, zu Deutsch „Rahmen“ ist durchaus als Metapher sehr passend. Die Wahrnehmung eines Bildes wird ganz unterschiedlich sein, je nachdem wie es eingerahmt ist. Ob es einfach nur als Leinwand in einem minimalistisch eingerichteten schicken Loft auf einer Staffelei steht. Oder ob es in einem dicken, vergoldetem Rahmen in einer Jugendstilvilla über einem Kamin hängt.

Re-Framing

Und genau da setzt Framing, und vor allem RE-Framing als Schlagfertigkeitstechnik an. Re-Framing bedeutet einen neuen Rahmen entgegenzusetzen. Dem Begriff eine andere Bedeutung zu geben ODER ihn in einen anderen Kontext zu stellen.

Wenn Dich jemand einen Korinthen-Kacker nennt, sag ihm: Wenn das Finanzamt uns die Steuerprüfung schickt, dann wirst Du verdammt froh sein, dass ich so penibel bin. Zack, neuer Kontext. Und vom nervenden Controller zum Helden der Firma sind es nur wenige Minuten nachdem ein dunkler VW-Bus vom Zoll auf den Firmenparkplatz gerollt ist… Finde also einen Kontext, in dem Dein Verhalten für das Unternehmen, oder ganz allgemein Dein Umfeld von Vorteil ist.

Eine andere Variante ist das Re-Framing auf der Bedeutungsebene. Der Kontext bleibt gleich, aber ähnlich wie bei dem Beispiel mit der sozialen Gerechtigkeit versuche ich einen Begriff zu meinen Gunsten neu zu definieren.

„Wenn Sie mit hemdsärmlig meinen, dass ich nicht jedes Problem bis zum bitteren Ende theoretisiere, sondern pragmatisch anpacke, ja dann bin ich ehrlich gesagt sehr gerne hemdsärmlig unterwegs.“ oder auch umgekehrt: „Wenn Sie mit phlegmatisch meinen, dass ich Dinge erstmal durchdenke statt panisch irgendwelche Übersprungshandlungen auszuführen und wie so ein kleiner Duracelhase durch die Gegend zu rennen, dann haben Sie vollkommen recht. Dann bin ich phlegmatisch.“

Durch so ein Re-Framing, eine Umdeutung des Begriffs, ändert sich die Wahrnehmung und auch Bewertung, die ein bestimmter Begriff in uns auslöst. Diese Taktik ist viel einfacher anwendbar als jetzt lang und breit darüber zu diskutieren, was alles eindeutig beweist, dass Du nicht hemdsärmlig oder phlegmatisch bist. Wie ein wichtiger Grundsatz in Sachen Schlagfertigkeit lautet: Rechtfertige Dich niemals!

Priming

Ein anderer spannender Effekt, der ein kleines bisschen mit dem Framing und Re-Framing verwandt ist, ist das Priming. Priming ist ein psychologisches Phänomen.

Es gibt viele komplexe Definitionen, in denen es darum geht, dass ein Zielreiz durch einen vorhergehenden Reiz beeinflusst wird. Also anders verarbeitet wird als ohne diesen Reiz zuvor. Simples Beispiel:

Frage: Was fließt in deinen Adern?
Antwort: Blut.
Frage: Was trinkt ein Vampir?
Antwort: Blut.
Frage: Was pumpt dein Herz?
Antwort: Blut.
Frage: Bei welcher Farbe geht amn über die Ampel?
Antwort: Rot!

Dieses Spiel kennst Du vielleicht. Durch das „Blut“ ist man so geprimt, dass man dann mit „Rot“ antwortet. Dieses Beispiel leitet auch einen Fachartikel zum Thema Priming ein, den ich Dir hier gerne verlinke.

Stell Dir mal so eine typische Jugendfreizeit in den Sommerferien vor. Alle sitzen nach Einbruch der Dunkelheit um das Lagerfeuer rum. Und irgendwo aus dem Wald hörst Du ein Geräusch, dass Du nicht eindeutig zuordnen kannst. Wie Du dieses Geräusch nun bewertest, hängt sehr stark davon ab, ob man sich in der Gruppe, die da um das Feuer sitzt, gerade noch Horrorgeschichten erzählt hat. Oder Witze. Oder peinliche Anekdoten von den ersten sexuellen Erfahrungen. Das Knacken von Ästen kann Dich nach einer Gruselgeschichte für Stunden am Einschlafen hindern. Im Fall der Geschichten vom ersten Mal wirst Du ein Knacken im Wald vielleicht witzig finden, weil Du Dir vorstellst, da wären auch gerade zwei Menschen „zu Gange“.

Studien zu Priming

Es gibt einige Studien zu Primingeffekten, die mehr oder minder seriöse Ergebnisse brachten, in denen sich zeigte, dass Menschen langsamer gingen, wenn ihnen zuvor viel übers Altern und Alt sein erzählt wurde. Oder dass Menschen, die man auf das Thema Geld „geprimed“ hatte, egoistischer, aber auch zielstrebiger handelten als die Kontrollgruppe.

Entsprechend solltest Du günstig „geprimte“ Momente abpassen um z.B. nach einer Gehaltsverhandlung zu fragen. Also eher dann, wenn es im Radio im große Investitionen ging, die sich auszahlten. Als um Trickbetrüger, auf die man nicht reinfallen sollte.

Natürlich heißt das jetzt nicht, dass Priming Dich oder Du damit andere so stark beeinflussen kannst, dass diese jetzt etwas komplett anderes machen als ursprünglich geplant. Wenn kein Budget für eine Gehaltserhöhung da ist oder die entscheidende Person nicht glaubt, dass ausgerechnet Du eine Erhöhung verdient hast, wird Dir auch günstiges Priming nichts nützen. Aber es erhöht eben doch die Wahrscheinlichkeit.

Fazit

Es würde mich freuen, wenn Du aufgrund dieses Artikels zukünftig etwas genauer darauf achtest, welche Begriffe verwendet werden um bestimmte Fakten auszudrücken. Und wie sich zuvor Gehörtes oder Erlebtes auf Deine aktuelle Wahrnehmung auswirkt. Mach Dir gerne mal Gedanken dazu, wo Dir in letzter Zeit Framing und Priming schon begegnet sind. Überleg Dir für Begriffe, die Dir begegnen, passende Re-Framings. Und achte darauf wie Du und andere geprimt werden und werde Dir im Alltag bewusst, dass es diesen Effekt gibt, von dem auch Du davon beeinflusst wirst. Und Du eben auch bewusst oder unbewusst andere beeinflusst. Wenn Dich solche Effekte interessieren, empfehle ich Dir auch den Artikel zum Benjamin-Franklin-Effekt.

Hi. Mein Name ist Oliver Walter. Ich bin Rhetoriktrainer & Coach. Hier blogge ich über mein Lieblingsthema: Rhetorik & Kommunikation. Wenn ich Dir mit meiner Fachmeinung oder meinem Knowhow weiterhelfen kann, lass es mich gerne wissen. 

Tags

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Artikel, die interessant sein könnten:

Hörst Du auch manchmal Stimmen? „Du schaffst das nicht!“ oder „Das ist zu schwierig für Dich“ oder auch „So was sagt man aber nicht“, „Sei ein braves Mädchen, ein braver Junge.“ Dann hast auch Du vermutlich einen inneren Kritiker. Wie so gut wie jeder Mensch. Und […]
Metaphern sind das wirkungsvollste rhetorische Stilmittel. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Und das war auch schon eine Metapher. Ein metaphorisches Sprichwort. Du kennst und nutzt Metaphern schon. Aber vielleicht eher intuitiv. Viele Menschen haben auch die Vorstellung, dass man, sobald man „seriös“ spricht, eher […]
Sicher kennst Du auch mindestens einen schwierigen Menschen. Da bin ich mir ganz sicher. Was diesen Menschen aber für Dich schwierig macht, da bin ich mir nicht mehr sicher. Ich habe nämlich in den sozialen Medien meine Followerschaft befragt, was für sie Menschen schwierig macht. Und […]
Empfehle ich Dir im Folgenden tatsächlich öfter zu fluchen? Ja, absolut! Warum? Dazu folgende Anekdote. Angespannte Situation in einem Meeting, es ging, oh Überraschung, viel länger als gedacht. Alle waren müde. Alle waren genervt. Und dann schüttete sich jemand Kaffee über die Hose und hat sehr […]
Heute zeige ich Dir fünf Möglichkeiten, Deinen Vortrag, Deine Rede oder Deine Präsentation ganz einfach aufzupeppen. Denn sind wir mal ehrlich: Viele Vorträge laufen immer wieder gleich ab. Also selbst die guten. Von den schlechten reden wir gar nicht. Die Basics sollten sitzen. Dazu gibt es […]
„Nichts darf man mehr sagen!“ Dieser Satz nervt mich so, dass ich eine Podcastfolge und diesen Blogbeitrag nur darüber gemacht habe. Und warum der Satz vor allem aus rhetorischer Perspektive einfach falsch ist.  Wie sehr mich dieser Satz „nichts darf man mehr sagen“ wirklich nervt, fiel […]