Lampenfieber ist ein weit verbreitetes Phänomen. Auch viele Prominente wie z.B. Oskargewinnerin Meryl Streep, der unvergessene Heinz Erhardt oder auch Musiklegende John Lennon hatten damit zu kämpfen. Offenbar ist es also durchaus möglich trotz Lampenfieber sehr erfolgreich auf einer Bühne zu stehen.

Aus dem Bereich des Theaters stammt schließlich auch der Begriff „Lampenfieber“. Die einen sagen, es hieß ursprünglich mal „Rampenfieber“ als interner Jargon an französischen Theatern für „Bühnenangst“. Und die andere Erklärung besagt, es käme von den Gaslaternen, die man vor der durchgängigen Elektrifizierung auch zur Bühnenbeleuchtung nutzte. Und die eine enorme Hitze erzeugten, die alle, die in ihrem Licht auf der Bühne standen, ins Schwitzen brachten. Doch egal, wo der Begriff auch herkommt: Lampenfieber gehört bei Auftritten jeglicher Art einfach mit dazu.

Lampenfieber als körperliche Stressreaktion

Es ist, vereinfacht gesagt, eine ganz normale körperliche Reaktion. Weil es eben für uns Menschen mit unserer genetischen Programmierung nicht zum Repertoire gehört sich exponiert vor andere hinzustellen und die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das war weder für die jagenden Steinzeitmenschen noch für die zeitlich davor angesiedelten Primaten, die wir mal waren, ein sinnvolles Verhalten. In Stammesgesellschaften ist die Hierarchie klar geregelt. Da gab es nichts zu diskutieren.

Blicken wir auf die Geschichte der europäischen Rhetorik, so stellen wir fest, dass diese im antiken Griechenland beginnt. Zu dem Zeitpunkt als die archaischen Gesellschaften sich in erste Demokratien verwandelten. In denen diskutiert werden musste um zu allgemein akzeptierten Ergebnissen zu gelangen. D.h. Von den grob 300.000 Jahren Menschheitsgeschichte sind wir nur die letzten paar tausend, also gut 1 Prozent davon, mit der Notwendigkeit konfrontiert vor anderen zu sprechen. Alle unsere evolutionär älteren Teile sind daher mit dieser unbekannten Situation völlig überfordert. Sie reagieren wie sie eben auf Stress reagieren. Mit der Ausschüttung von Adrenalin. Ein Hormon, das im Nebennierenmark gebildet wird. Und das dazu dient uns zu dopen. Alle Kräfte zu mobilisieren. Der Puls schnellt hoch. Die Atmung wird intensiviert. Die Bronchien weiten sich. Der Blutzuckerspiegel steigt drastisch an und die Fettverbrennung läuft auf Hochtouren.

Dieser Adrenalinkick machte unsere Vorfahren hellwach. Und macht uns nervös. Hibbelig. Unsicher. Das oft wahrgenommene Zittern kommt nicht von ungefähr. Das Adrenalin pumpt uns mit Energie voll. Und die muss irgend wo hin. Was tun aber viele Leute, wenn sie diese Unruhe, dieses Lampenfieber spüren? Genau. Sie versuchen ruhig zu bleiben. So ruhig als nur möglich. Auch körperlich. Man setzt sich hin. Versucht ruhig stehen zu bleiben. Während der Körper nur zwei Dinge als Option gelten lassen will: Angriff oder Flucht. Auf jeden Fall Bewegung. Also gib Deinem Körper Bewegung. Auf und ab hüpfen, Treppen steigen, oder auch nur wie so ein Tiger in seinem Käfig auf und ab gehen. All das hilft dabei das Adrenalin abzubauen. Und die gute Nachricht: Unser Körper braucht ziemlich lange bis er wieder genügend Adrenalin produziert hat um uns damit unter Strom zu setzen.

Die psychische Komponente

Neben der rein körperlichen Stressreaktion gibt es auch noch die psychische Stressreaktion, die man unter dem Schlagwort „Versagensängste“ zusammenfassen könnte. Viele Menschen neigen dazu im inneren Dialog ihre Zweifel zu äußern, also Sätze wie „ich pack das nicht“ oder „oh Gott, oh Gott, ich werde total versagen“, „das wird eine Katastrophe“ und so weiter. Deshalb sind positive Gedanken und Selbstbestärkungen elementar als Ausgleich dazu. Letztlich ist es eine freie Entscheidung worauf man seinen Fokus richtet: Auf die Stärken oder die Schwächen. Auf die Chancen oder die Risiken. Henry Ford sagte mal: „Egal ob Du glaubst Du schaffst es, oder ob Du glaubst Du schaffst es nicht – Du hast in jedem Fall recht!“ Meiner persönlichen Erfahrung nach nicht in jedem Fall. Aber schon sehr häufig.

Was gegen Lampenfieber besonders gut hilft:

  • Bewegung (zum Abbau des Andrenalins, s.o.)
  • Rituale, wie z.B. immer den linken Schuh zuerst anzuziehen. Rituale geben Sicherheit und das Gefühl die Kontrolle zu haben
  • Vorbereitung: Rechtzeitig vor Ort sein, Technik ausgiebig testen, die Nacht davor früh zu Bett gehen und natürlich nicht noch mehr stressige Dinge am selben Tag erledigen.
  • Mentaltechniken, wie z.B. positive Affirmationen, Mantras und das Verändern des subjektiven Erlebens von inneren Kritikern.

Allerdings darf man es mit Mentaltechniken nicht übertreiben. Während meinen Coachingfortbildungen lernte ich etliche Mentaltechniken kennen, die wir, also die Teilnehmenden, aneinander als Versuchskaninchen übten. Ich ließ mir dabei einmal auch das Lampenfieber vollständig ab-“coachen“. Und das hat erstaunlich gut funktioniert. Es war vollkommen weg. Null Lampenfieber. Und es war furchtbar. Denn ich war laff. Ohne Energie und Anspannung. Ich war einfach – schlecht. Ich habe eine schlechte Rede gehalten. Also für meine Verhältnisse. Und danach konsterniert darüber nachgedacht, wer doch gleich nochmal sagte: „Hüte Dich vor Deinen Wünschen. Denn sie könnten in Erfüllung gehen.“

Erfahrung lässt sich so nicht ersetzen. Es ist unumgänglich die eigene Komfortzone immer wieder zu verlassen und sich so oft als möglich einer Redesituation auszusetzen, die einen zwar heraus-, aber nicht überfordert. Dann wird bald auch deutlich, dass Lampenfieber sehr hilfreich sein kann um konzentriert, kraftvoll und überzeugend zu Menschen zu sprechen. Weil der Adrenalinkick als natürliches Doping genau die richtige Menge Energie liefert. So ist Lampenfieber kein Problem mehr. Sondern eine zusätzliche Ressource des/der erfolgreichen Redner:in.

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Mein Name ist Oliver Walter und ich befasse mich seit gut 30 Jahren mit Rhetorik

Ich habe nicht nur ein ganzes Bücherregal mit Fachliteratur, sondern auch nahezu jeden Tipp einmal persönlich ausprobiert. (Spoiler: Sich die Leute nackt vorzustellen hilft nicht wirklich gegen Lampenfieber!)

Ich bringe als Rhetoriktrainer nicht nur mein Fachwissen ein, sondern auch die Erfahrung von deutlich mehr als 1000 öffentlichen Reden, die ich in ganz verschiedenen Kontexten und vor sehr unterschiedlichem Publikum gehalten habe.

Lassen Sie uns gerne in einen unverbindlichen Erstgespräch herausfinden, wie genau ich Ihnen mit einem Rhetoriktraining oder Coaching weiterhelfen kann!

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