Sicher kennst Du auch mindestens einen schwierigen Menschen. Da bin ich mir ganz sicher. Was diesen Menschen aber für Dich schwierig macht, da bin ich mir nicht mehr sicher. Ich habe nämlich in den sozialen Medien meine Followerschaft befragt, was für sie Menschen schwierig macht. Und die Antworten waren sehr unterschiedlich. Von toxischen Verhaltensweisen, die sehr unbestreitbar mindestens „schwierig“ sind bis hin „ist immer mal wieder unpünktlich“ war wirklich alles dabei.

Daher stellt sich die Frage: Liegt es wirklich an der Person? Oder vielleicht doch auch an Dir? Hat diese Person etwas an sich, das Du negativ assoziierst, weil Du damit negative Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht hast? Es gibt so vieles, was psychologisch eine Rolle spielen kann! Die neue Kollegin trägt das selbe Parfüm wie Deine Ex – und schon kannst Du sie nicht leiden. Ist Dir aber gar nicht bewusst. Oder der Chef klingt immer so oberlehrerhaft wie Dein Mathelehrer in der 9. Klasse? Und schon hörst Du ihm nur noch ungern zu. Hinterfrage daher erstmal, was genau Dich an einer anderen Person stört.

Ich hinterfrage so etwas im Coaching immer sehr gerne. Wenn ein Klient oder eine Klientin sowas sagt wie „der oder die macht mich immer so wütend“ dann frag ich nach „Ja, wie genau macht diese Person das denn? Wie schafft die das, dass Du wütend wirst?“ Und oft fällt dann auf, dass diese Person gar nicht immer nervt. Dass es auch auf das eigene Stresslevel ankommt, ob Du Dich jetzt gerade triggern lässt oder nicht. Und wenn Du getriggert bist, ist ja auch immer die Frage, wo das herkommen könnte. Ich glaube, es ist nicht mein Fachgebiet, aber in der Psychologie nennt man das eine Übertragung. Ich denke, es gibt nur sehr wenige schwierige Menschen. Meist gibt es schwierige Beziehungen oder eine schwierige Kommunikation. Weil es einfach für Dich mit dieser Person nicht passt.

Wessen Schuld das jetzt ist? Ehrlich gesagt: Völlig egal! Denken wir lösungsorientiert und reden nicht über Schuld, sondern darüber was DU tun kannst, um zu einer Lösung beizutragen. Denn die andere Person, die für Dich schwierig ist, hört ja vermutlich gerade nicht diesen Podcast. Vielleicht hat diese andere Person nicht mal ein Problem mit Dir. Das heißt, es kann sein, dass die Beziehung für Euch beide schwierig ist. Muss aber nicht so sein. Vielleicht hat die andere Person keine Ahnung davon, dass Dich der Kontakt mit ihr stresst oder belastet. Das nur mal so als Gedanke. Sehr häufig allerdings wird sich Deine vermutlich inzwischen negative Haltung gegenüber diesem Menschen entsprechend auf Eure Beziehung ausgewirkt haben. Also auch auf Dein Verhalten diesem Menschen gegenüber.

Also: wann ist ein Mensch denn nun schwierig? Im Sinne von schwierig für Dich? Meist, mal möglichst abstrakt formuliert, wenn dieser Mensch Dir unsympathisch ist oder einfach nicht so „funktioniert“ wie Du Dir das vorstellst. Du hast gewisse Anforderungen an den zwischenmenschlichen Umgang – und die andere Person liefert nicht ab. Ist zum Beispiel unpünktlich. Unzuverlässig. Unzugänglich. Oder provoziert Dich immer wieder. Alles rein subjektiv erst mal DEINE Wahrnehmung der Situation und des Menschen.

Überleg Dir gerne mal folgendes: Wenn Dir eine andere Person, ein Freund oder eine Freundin, genau von so einer Person und den Schwierigkeiten mit ihr erzählen würde, mit genau den selben Situationen, die Du erlebt hast – aber ohne dass Du weißt, wer diese schwierige Person ist – würdest Du es aus dann Außenstehende:r genau so beurteilen? Oder ist es dann gar nicht mehr so eindeutig? Aber wir gehen ja jetzt einfach mal von Deiner subjektiven Sicht der Welt aus. Und da fragst Du Dich: Was kannst Du tun?

Love it, change it or leave it!

Das sind die drei Optionen, die Dir realistisch bleiben.

Love it heißt: Arrangiere Dich damit, wie diese Person ist. Konrad Adenauer sagte mal:

Man muss die Menschen nehmen wie sie sind, andere gibt’s nicht.

Und wenn ein Mensch nun mal so ist und Du mit diesem Menschen auskommen musst, ist es totale Selbstbestrafung, sich vielleicht jahrelang über deren Eigenheiten und Fehler aufzuregen. Also finde Dich damit ab. Lerne damit zu leben. Nenne einem unpünktlichem Menschen immer einen um 15 Minuten früheren Termin als allen anderen u.ä.

Leave it wäre das Extrem auf der anderen Seite. Klar gibt es Menschen, denen man leichter aus dem Weg gehen oder den Kontakt abbrechen kann. Manchmal ist auch ein Jobwechsel eine echte Alternative, wenn man mit dem oder der Vorgesetzten oder jemand anderem so überhaupt nicht klarkommt. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Aber: Meist lässt sich kommunikativ ja doch viel machen. Ansonsten wäre ein Coaching mit mir oder eben auch diese Podcastfolge ziemlich überflüssig. Also, reden wir über change it. Und wie Du versuchen kannst, Eure Kommunikation zu verbessern und die vielleicht schon entstandenen kalibrierten Schleifen, also den berühmten Teufelskreis zu durchbrechen, dafür habe ich einige Ansätze für Dich.

Betrachte nicht die Person als schwierig, sondern Eure Beziehung

Sieh es nicht so, dass diese Person schwierig ist. Sondern dass Deine Beziehung zu ihr schwierig ist. Sowohl als einzelne Person wie auch als größere Gruppe. Eine schwierige Person zu sein, wäre allein Sache dieser Person. Konzentrierst Du Dich dagegen auf die schwierige Beziehung, wird eher deutlich, was Du selbst zu einer Lösung vielleicht beitragen könntest.

Betrachte nicht den Menschen als schwierig, sondern nur sein Verhalten.

Das Trennen von Verhalten und Person ist immens wichtig. Denn bezogen auf konkretes Verhalten kannst Du auch dem anderen Feedback geben. Und Feedback ist, wie ich immer wieder gerne betone, ganz entscheidend. Wir alle brauchen Feedback. Vielleicht macht Dir jemand Probleme, aber es ist dieser Person gar nicht bewusst. Oder zumindest das Ausmaß der Probleme ist dieser Person nicht bewusst. Es hilft niemandem, wenn Du ihm oder ihr sagst „Du bist ein Idiot“. Aber zu sagen „dieses und jenes, was Du gestern getan oder gesagt hast, das war echt idiotisch von Dir.“ kann wertvolles Feedback sein. Vor allem wenn Du es besser formulierst, mehr dazu im Blogbeitrag zum Thema Feedback.

Wenn es um einzelne schwierige Themen geht, vermeide diese

Wenn bestimmte Themen mit einer Person schwierig sind, dann vermeide soweit möglich doch besser diese Themen. Also wenn Du mit Onkel Heinz auch dieses Jahr an Weihnachten wieder über Flüchtlinge, Gendern oder E-Autos diskutieren willst, okay. Tu Dir keinen Zwang an. Aber vielleicht gibt es ja auch ein Thema, bei dem Ihr konstruktiver miteinander sprechen könnt. Bei dem ihr grundsätzlich einer Meinung seid. Dann wähle doch eher so ein Thema für das Gespräch.

Sei flexibel in Deiner Kommunikation

Ob konstruktiv und sachlich oder emotional oder auch provokant – manchmal muss man erst herausfinden, worauf das Gegenüber am besten reagiert. Wenn Du immer nur das selbe tust, brauchst Du nicht wirklich eine Veränderung beim Gegenüber erwarten. Das flexibelste Element kontrolliert das System, heißt es in der Systemtheorie. Sieh den Kontakt mit dieser schwierigen Person also gerne als ein soziales Experiment. Dann gehst Du vielleicht sogar mit Freunde oder zumindest Neugier an die Sache heran.

Wenn gar nichts hilft, bitte um Hilfe von außen. Stichwort: Mediation.

Manchmal geht es nicht anders. Und eine Mediation kann wirklich sehr hilfreich sein.

Fazit: Es gibt einiges, was Du tun kannst und auch tun solltest, denn die Situation so lassen, wie sie ist UND dabei unzufrieden zu sein, das ist auf Dauer keine Lösung. Also: Love it, change it or leave it! Und achte darauf, dass nicht Du für andere zu, schwierigen Menschen wirst. Dass Du und Dein Verhalten Teil einer möglichen Lösung sind und nicht des Problems.

Hi. Mein Name ist Oliver Walter. Ich bin Rhetoriktrainer & Coach. Hier blogge ich über mein Lieblingsthema: Rhetorik & Kommunikation. Wenn ich Dir mit meiner Fachmeinung oder meinem Knowhow weiterhelfen kann, lass es mich gerne wissen. 

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